Robben-Kot mit USB-Anschluss – Nachtrag: es wird noch unglaublicher!

Seeleopard, Pixabay
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Seeleoparden gehören zu den weniger gut verstandenen Meeressäugern. Die bis vier Meter langen, schlanken Robben mit dem strengen Kopfprofil und den namensgebenden Flecken leben nahezu ausschließlich im Südpolarmeer. Nur selten trifft man sie an der Küste der Südinsel Neuseelands oder Tasmaniens an.

 

Robben, die Robben und Pinguine fressen

Seeleoparden gelten als „Raub-Robben“. Anders als die meisten anderen Robben fressen sie nicht nur Fisch und Kopffüßer, sondern erjagen auch warmblütige Beute. Häufige Opfer sind Pinguine, die bis auf das Skelett abgefressen werden. Andere regelmäßige Beutetiere sind die anderen südpolaren Robben wie Krabbenfresser, Weddellrobben oder verschiedene Seebären. Oft entwickeln die einzelnen Tiere Vorliebe für Pinguine oder Robben. So ist der Seeleopard nach dem Orca der zweite Topräuber in den südlichen Polarregionen.

Antarktische Halbinsel, Foto Maria Michelle, Pixabay
Landschaft der Antarktischen Halbinsel (Foto: Maria Michelle)

Ungewöhnlich für einen Topräuber ist eine „Rückfallebene“ in der Ernährung. Fehlen große Beutetiere, kann er sich auch vom in der Antarktis ubiquitären Krill ernähren. Seine Backenzähne haben sich zu einem Röhrensystem entwickelt, mit dem Krill sehr effektiv aus dem Wasser gefiltert werden kann. In seiner Komplexität reicht es aber nicht an die hohe Spezialisierung des Krabbenfressers heran. Laut wikipedia (ich weiß, aber in diesen Bereichen ist sie noch relativ unbeeinflusst) nehmen Seeleoparden etwa 45% Krill, 35% Robben, 10% Pinguine und 10% andere Tiere wie Fische, Kopffüßer und Krebstiere.

 

Das Verhältnis zum Menschen

Das Verhalten der Seeleoparden gegenüber dem Menschen ist bestenfalls als „individuell“ zu beschreiben.

Einen der ersten Berichte über diese Hundsrobbe stammt von Ernest Shackelton. Während der Endurance-Expedition (1914 – 1917) schlugen einige Mitglieder der Expedition ihr Lager auf dem Eis auf. Ein Mitglied, Thomas Orde-Lees, ging auf der Suche nach Nahrung verloren und wurde von einem Seeleoparden auf dem Eis verfolgt. Erst sein Kollege Frank Wild konnte die Robbe erschießen. Das Tier war 3,7 m lang und 500 kg schwer.

Polarforscher (und Besucher) laufen Gefahr, von Seeleoparden ins Bein gebissen und ins Wasser gezerrt zu werden, wenn sie dicht an der Kante einer Eisscholle stehen. Vermutlich verwechseln die großen Robben dann die Menschen mit Pinguinen, eine Größenabschätzung scheint ihnen durch die Wasseroberfläche hindurch nicht leicht zu fallen. Pinguine werden häufig auf diese Art und Weise erbeutet. So geschah es unter anderem dem schottischen Polarforscher Gareth Wood 1995, der Seeleopard konnte erst durch massive Gewalt (Tritte mit Steigeisen gegen den Kopf) von seinem Angriff abgehalten werden.

Im Gegensatz hierzu beschrieb der kanadische Fotograf Paul Nicklen die fiedliche Kontaktaufnahmen eines Weibchens unter Wasser. Das Tier brachte ihm sogar wiederholt seine Beute und legte sie ihm auf die Kamera. Nicklen sagte hierzu, dass Seeleoparden selten zu tauchenden Menschen aggressiv seien, sondern überwiegend neugierig. Bei diesen Situationen entstand eine berühmte Bildserie.

Weitaus weniger Glück hatte die britische Wissenschaftlerin Kirsty Brown bei einem Vorfall nahe der Rothera-Station. Diese Station liegt auf der Adelaide-Insel, die der antarktischen Halbinsel vorgelagert ist und vom British Arctic Survey betrieben wird. Brown schnorchelte und untersuchte den Einfluss des Aufsetzen von Eisbergen auf das Leben am Meeresboden, als sie 25 m vom Ufer entfernt unvermittelt angegriffen wurde. Als sie 10 Minuten später geborgen werden konnte, waren Wiederbelebungsmaßnahmen zwecklos.

Eis in der Antarktis, Pixabay, girlart39
Antarktisches Pack- und Treibeis. Heimat der Seeleoparden

In Zoos

Seeleoparden werden selten in Zoos gehalten. Über die Gründe kann man spekulieren, denn die einzelnen Haltungsversuche sind in den letzten Jahren von Erfolgen gekrönt. Hauptgrund ist vermutlich die schlechte Verfügbarkeit der antarktischen Robbe. Andere, kleinere Robbenarten wie Seehunde und kalifornische Seelöwen sind dagegen als Zoonachzuchten in großer Zahl verfügbar. Hinzu kommt, dass die Seeleoparden bis zu einem Drittel größer werden, als die Männchen der kalifornischen Seelöwen. Diese werden von den Besuchern meist schon als „gewaltig“ beschrieben. Man sieht die Größe des Tieres auf dem „Training“-Video unten. Der Kopf des Tieres ist fast so lang, wie der Unterschenkel der Trainerin.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass man Seeleoparden -anders als die „üblichen“ Zoo-Robben- vermutlich nicht in größeren Gruppen halten kann. Durch ihre Größe und Aktivität brauchen sie viel Platz und Wasservolumen, das dann mit wenigen Tieren besiedelt ist. Viele Zoos fürchten, dass die Besucher feststellen, in dem Becken / Gehege sei nichts los. Große Becken benötigen auch große Filteranlagen und daher im Betrieb teurer sind. Andererseits ist ein Becken mit zwei Seeleoparden weitaus dünner besetzt, als mit fünf oder zehn kalifornischen Seelöwen und braucht daher weniger Wasserpflege.

 

Im Taronga-Zoo in Sydney

Der Taronga-Zoo in Sydney (Australien) hielt über viele Jahre ein Seeleoparden-Männchen. Das gerade erwachsene Tier war 2007 völlig entkräftet in der Nähe der Metropole ans Ufer gespült worden war. Ein Biss eines Cookie-Cutter-Hais in den Abdomen war vermutlich einer der Gründe hierfür. Die Haltung des Casey genannten Tieres erwies sich als erstaunlich einfach. Eine Weile war das Tier sogar mit einem weiblichen Seeleoparden (Sabine) vergesellschaftet. In der Natur trifft man Seeleoparden nahezu immer alleine an. Das übliche Robbentraining, das neben der Mobilisierung des Tieres auch eine Gewöhnung an medizinische Untersuchungen einschließt, lief völlig ungeschützt ab. Das Video, das ich oben eingebunden habe, zeigt ein solches Training.

Casey ließ im Zoo auch „Gesänge“, also Lautäußerungen hören, wie sie Taucher und Schnorchler auch oft im Polarmeer zu hören bekommen. Bisher ging man davon aus, ausschließlich Weddellrobben seien hierfür verantwortlich. Die langgezogenen Geräusche inspirierten den Elefantenpfleger Steve Stone, dem Tier eine Saxophon-Serenade vorzuspielen. Der Seeleopard reagierte sichtlich darauf.

Seit Anfang Januar verweigerte Casey wegen einer unbekannten Krankheit das Futter, Ende Februar 2014 musste das entkräftete Tier eingeschläfert werden.

Der USB-Anschluss

Und wie kommt jetzt der USB-Anschluss in den Seeleopard? So ganz einfach ist es nicht. Forscher sammeln seit vielen Jahren immer mal wieder Kot verschiedener Tiere und werten aus, was sie gefressen haben.

So fanden sie in einer gefrorenen Kotprobe eines Seeleoparden einen USB-Stick. Das Gerät war erstaunlicherweise noch funktionsfähig und zeigte Bilder – von Seelöwen in der Porpoise Bay in den Caitlins in Neuseeland. Außerdem war die Nase eines blauen Kajaks zu sehen.

Der Besitzer kann seinen USB-Stick gerne wieder haben, allerdings nur im Tausch gegen weitere Kotproben, scherzen die Wissenschaftler.  

 

Nachtrag 12.02.2019: Manchmal ist das Leben verrückter als jede Geschichte

Die Besitzerin des USB-Sticks meldete sich letzten Mittwoch (5.2.) in der neuseeländischen Fernsehshow „The Project“.

Amanda Nally ist freiwillige Strandbeobachterin für den New Sealand Sea Lion Trust. Vor etwa einem Jahr, einige Tage, nachdem sie die Aufnahmen auf dem Stick gemacht hatte, entdeckte sie einen geschwächt aussehenden Seeleoparden auf dem Oreti Beach, ganz in der Nähe der Porpoise Bay und meldete sie ans New Zealand’s National Institute of Water and Atmospheric Research (NIWA). Während der Tierarzt anreiste, sammelte sie eine Kotprobe für das Forschungsprojekt der NIWA. Die Robbe wurde als gesund befunden und der Kot verschickt.

Später stellte sich heraus, dass genau diese Probe den USB-Stick enthielt. Nally dachte zunächst, sie hätte den Stick beim Sammeln verloren, aber die Wissenschaftler der NIWA hatten eine weitaus seltsamere Theorie:

Der Stick war zu sehr in den Bestandteilen der Kotprobe verwoben, um einfach hinein gefallen zu sein. „Er war von Federn und kleinen Vogelknochen umgeben. Es könnte sein, dass ich ihn unbeabsichtigt verloren habe, dann fraß ihn ein Seevogel, der wiederum von einem Seeleoparden gefressen wurde, den ich gefunden habe.“, fügte Nally hinzu.

Amanda Nally ist sich bewusst, dass diese Kette von Zufällen wirklich absonderlich ist, so erzählte sie dem neuseeländischen Internetmagazin „Motherboard“, „aber manchmal ist das Leben so“.

Ob sie nun eine neue Kotprobe sammeln muss, um den Stick zurück zu bekommen, ist nicht bekannt worden.

 

Was ist nun auf dem Stick zu sehen gewesen? Das NIWA hat ein Video veröffentlicht:

Sieht nach einer tollen Bucht zum Kajak-Fahren aus. Die Landschaft macht was her und die Robben auch, vielleicht gibts da auch Delfine?

Quellen:

Der Taronga-Zoo über die Haltung von Casey

The Sydney Morning Herald über den Tod von Casey

Niwa.co.nz zum gefundenen USB-Stick

ifl Science zur Besitzerin des USB-Sticks


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