Mein Besuch im Naturhistorischen Museum Braunschweig

Ich war noch nie in Braunschweig. Die Stadt war für mich ein weißer Fleck auf der Landkarte, ebenso wie Lingen/Ems, Kaiserlautern oder Bayreuth: noch nie da gewesen, nicht einmal umgestiegen. Dabei soll Braunschweig ein schönes Naturhistorisches Museum haben. Das Museum bzw. das Viviarium des Museums war mir aus meiner Großcichliden-Phase geläufig: hier hat jemand ungewöhnliche Tiere gepflegt und vermehren können, und darüber berichtet.
Willkommen im Naturhistorischen Museum
Da ich am Samstag, den 8. Dezember einen privaten Termin in Wolfsburg hatte, wollte ich die Fahrt nutzen, um besagtes Museum zu besuchen. Gesagt, getan: nach gut drei Stunden Fahrt bei stark wechselndem Wetter stand ich vor dem Museum. Sogar einen kostenlosen (!) Parkplatz gab es direkt vor der Tür. Naja, nicht direkt, denn direkt vor dem Haus wurde ein wenig Platz für Dinosaurier gelassen. Ein Plateosaurus, der „schwäbische Lindwurm“ posierte links vor dem Museum, rechts reckte mir ein wettergegerbter Sauropode den Hals entgegen. Da das Wetter draußen jahreszeitgemäß war, habe ich mich nicht weiter mit ihnen befasst.
Die Begrüßung im Naturhistorischen Museum Braunschweig war schon fast herzlich. Die Dame am Kassentresen war gut gelaunt, der Herr von der Aufsicht ebenfalls, ein Scherz kam zum nächsten: Wir haben alle herzlich gelacht. Meinen Rucksack konnte ich problemlos in einem Spind einschließen (Pluspunkt), dann gings los. Links von der Kasse kam ich in einen schmalen, aber großen und dunklen Raum. Die Lichter sind hier sehr gezielt auf die Ausstellungsstücke gesetzt, so dass sich eine konzentrierte Atmosphäre einstellt.
Ein Schwerpunkt: Dioramen
Rechts fällt der Blick in ein langes, aber nicht sehr tiefes Diorama eines Wiesenrandes. Der Hase vorne sieht so lebendig aus. Man möchte meinen, ein kleiner Schubs reicht aus und er hoppelt los. Das gilt auch für viele andere Tiere, so dass dieses Diorama einen hervorragenden Eindruck macht.
Auf der anderen Seite des Raumes hat man sich auf Spuren der Tiere konzentriert. Neben Fußspuren sind für mich Fraßspuren interessant. Im Frühjahr habe ich mich halbwegs freiwillig mit forensischer Ornithologie befasst. Dabei stieß ich immer wieder auf den Hinweis, Wanderfalken würden Beutevögel nur am Körper rupfen, Flügel und Kopf meist befiedert lassen. Dafür könnte man sie auch an den Schnabelmarken an ausgerupften Federn erkennen. Leider war da nie ein Bild dabei. Hier hat man dankenswerterweise einen solchen Riss nachgestellt, mit einem Kiebitz als Opfer. Die Schnabelmarken sehen denen von April sehr ähnlich. Da wird wohl doch unser Falke den Rotschwanz geschlagen haben.
Weitere Räume im Erdgeschoss nehmen historische Dioramen ein. Hier hat man auf wenigen Quadratmetern einen Lebensraum von Tieren nachgebildet und Präparate der Tiere darin platziert. Das ist hier vielfach sehr beeindruckend gelungen. Die Dioramen im Naturhistorischen Museum Braunschweig gehören zu den schönsten, die ich bisher in einem Naturkundemuseum gesehen habe.
Das öffentliche Magazin
Der nächste Weg führte in ein „öffentliches Magazin“, einen Raum, in dem man sehr viele, große wie kleine Präparate lagert. Optisch sicher ein Leckerbissen, Löwen und Schuhschnäbel, Riesenschneckenhäuser und Schmetterlinge und buchstäblich hunderte weitere Objekte auszustellen. Leider geht bei solchen Sammlungen das Einzelobjekt meist in der Vielzahl unter, ein pädagogischer Wert entsteht erst, wenn man Einzelobjekte herausnimmt und bespricht. Das ist hier (unter anderem?) Aufgabe eines Computers.
Für Fotografen ist der Raum mehr als unbefriedigend. Die Einzelstücke sind -auch wegen der Lichtempfindlichkeit- sehr effektvoll, aber dunkel beleuchtet und stehen hinter Glas. Oft stehen hinter Glas noch weitere Gefäße, so dass man doppelt durch reflektierende und ablenkende Scheiben fotografieren muss.
Die Schatzkammer des Herzogs
Neben dieser modernen Schatzkammer lag die Schatzkammer mit einigen verbliebenen Ausstellungsstücken Herzog Carl I. von Braunschweig (1713-1780). Wenn er nicht gerade dabei war, seinen Staat aufzuklären, gründete er diverse Industriebetriebe. Dazu noch eine Uni, eine Bank und eine allgemeine Feuerversicherung – und er sammelte auch Naturalia. Einige seiner Stücke sind erhalten geblieben. Neben bemalten Perlmuttschalen sticht hier ein Präparat eines schwarz-weißen Raben von den Färöer-Inseln hervor. Das Präparat hat er 1755 vom Herzog von Orleans erworben. Der Rabe ist heute ausgestorben.
Diese Schatzkammer ist die Keimzelle des heutigen Naturhistorischen Museums Braunschweig.
Die Schatzkammer für mich
So kam ich dann zum Treppenhaus und runter gings: zum Vivarium. Nach zwei gut gepflegten, aber vom Besatz her durchschnittlichen Meerwasseraquarien schlich ich direkt zu den Süßwasserbecken durch. Da schwammen sie: die Erdfresser, an die ich mich noch aus den Publikationen der 1990er zu erinnern meinte. Mit ihnen schwammen andere Südamerikaner, Raubsalmler und ein Hechtbuntbarsch. In anderen Becken tummelten sich weitere Vertreter der „filigraneren südamerikanischen Großbuntbarsche“.
Die hätte ich früher so gerne gehalten, aber mangels Platz hat es nie geklappt: Biotodoma, Flaggenbuntbarsche der Gattung Mesonauta, Skalare und hohe Segelflosser, jeweils mit anderen Tieren vergesellschaftet. Vor lauter Staunen kam ich kaum dazu, Bilder zu machen. Andererseits waren die Aquarien auch wirklich dunkel, selbst mit meiner Cam kam ich an die Iso-Schmerzgrenze. So waren dann die Ostafrikaner und Asiaten leider total verwackelt. Die ruhigeren Schützenfische waren etwas pflegeleichter. Ein großes Paludarium mit Rochen und Großcichliden im Wasser und einem Basilisken im Geäst krönt das Vivarium. Aber auch die Nachzucht der Jemenchamäleons und die blauen Baumwarane sind sehenswert.
Sonderausstellung Riesenkalmar
Im ersten Stock fand ich dann unter anderem die groß angekündigte Sonderausstellung zum Riesenkalmar Architheutis dux. Die Ausstellung war vor allem … klein. Ein Banner von vielleicht 8 m Länge zeigte einen in Lebensgröße aufgemalten Riesenkalmar. Außerdem gab es sonst noch ein Stück Fangarm, Saugnapfringe und einen Schnabel im Original zu sehen. Ein Aquarium sollte eine oder mehrere tropische Sepien zeigen. Leider hatten die an dem Tag wenig Motivation, etwas zu tun. Die Hauptbeschriftung kam in Form zweier Roll-Ups daher, kurz, gut, prägnant.
Der andere Teil der Ausstellung bestand aus den Hartteilen von Kopffüßern: Schulpe von Tintenfischen, fossile Schalen von Ammoniten und Belemniten und einer rezenten Nautilusschale.
Insgesamt für den vorhandenen Raum eine gute Ausstellung, aber als groß beworbene Sonderausstellung etwas mager. Hätte ich deswegen den Weg nach Braunschweig gemacht, wäre mein Fazit sicher anders ausgefallen.
Geologische Vergangenheit
Das zweite Obergeschoss des Naturhistorischen Museums Braunschweig war der zweite Schwerpunkt meines Besuches. Für ein -im Entstehen befindliches, anderes- Webprojekt wollte ich Fossilien, insbesondere Dinosaurier sammeln. Fossilien gab es eine Menge, hauptsächlich Handstücke, aber auch größeres und kleineres. Zwei Mikroskopierplätze boten die Möglichkeit, Mikrofossilien oder in Bernstein eingeschlossene Tiere zu betrachten. Ein weiteres Display zeigte alle möglichen Fossilien aus der Braunschweiger Gegend, mit geologischer 3D-Karte und tiefergehenden Infos in Schubladen. Hier lacht das Herz des Lokalkenners.
Wollte ich nicht auch Dinos suchen? Da ist doch einer! Da unten! Ziemlich klein, so wie ein mittelgroßer Hund kommt er daher, der Psittacosaurus. Der kleine Saurier steht sehr an der Basis zu etwas Großem: der bekannte Triceratops und die anderen Horndinosaurier sind späte Nachfahren von ihm.
Über ihm hängt ein wunderschöner Ichthyosaurier an der Wand, in anthrazitfarbenem Schieder der schwäbischen Alb: aus Holzmaden. Da fühlt man sich schon fast zuhause.
Vor kurzem ausgestorben: Der Höhlenbär
Die eigentlichen Attraktionen stehen und hängen aber im nächsten Raum. Er ist ausgestorbenen Tieren gewidmet, Tieren, die in den letzten 15.000 Jahren ausgestorben sind. Zunächst fällt der Blick auf ein Skelett eines Höhlenbären. Von der Größe her könnte es ein großer Braunbär, also ein Grizzly oder ein Kamtschatkabär sein, einen echten Unterschied kann ich nicht erkennen. Ein beeindruckendes Tier ist es allemal. Die Menschen der Eiszeit, die mit ihm zu tun hatten, werden mächtig Respekt vor ihm gehabt haben. Solche Kontakte mit ihm gingen sicher nicht immer friedlich aus, wer da Sieger blieb, war wohl oft offen… Aber wieso „mit ihm“? Bei Bären kann man, wie bei vielen anderen Säugern auch am Skelett das Geschlecht feststellen. Sie haben einen Penisknochen, das Bacculum. Bei dem hier ausgestellten Skelett fehlt es, bzw. in einer kleinen Vitrine daneben liegt ein solches. Ist es nun ein Weibchen?
Auf der anderen Seite des Raumes steht ein Modell eines Höhlenbären, der meine Empfindung widerspiegelt: es ist ein gewaltiger Bär. Ich zweifle nicht daran, dass unsere eiszeitlichen Vorfahren eine ähnlich reiche Sagenwelt wie die heutigen indigenen Völker besaßen. In dem Fall war der Höhlenbär mit Sicherheit Teil der Sagen und Legenden, vielleicht wie sein Verwandter, der Braunbär, mit einem Namenstabu belegt. So wird der Name des (Braun-) Bären im germanischen Sprachraum von Braun abgeleitet, im Slawischen ist er häufig eine Umschreibung des „Honigfressers“. Der eigentliche Ursprungsbezeichnung um den Laut „art“ ist in einigen keltischen Sprachen zu finden. Offenbar hatten die Kelten weniger Angst, den Bären durch Nennung seines Namens anzulocken.
Während der letzten Vereisung, vor etwa 28.000 Jahren starben die Höhlenbären aus.
Durch Dummheit ausgerottet
Im zweiten Teil des Raumes standen Skelette und Dermoplastiken von Tieren, die in jüngerer Zeit vom Menschen ausgerottet wurden. Zunächst fiel mir der sehr gut erhaltene Riesenalk auf (ausgestorben kurz nach 1852). Irgendwie passt hier alles zu der tragischen Geschichte zusammen: ein gut erhaltenes Präparat, die „würdige“, statische Körperhaltung der Dermoplastik, die keinerlei Bewegung ausstrahlt, das streng geteilte schwarz-weiße Gefieder. Eine stumme, und daher wirkungsvolle Anklage des Menschen.
Der Riesenalk
Einst war der Riesenalk im Nordatlantik weit verbreitet. Er brütetete in acht Kolonien auf kleinen Inseln. Überall, wo die Alken vorkamen, zwischen Norwegen, Grönland und Neufundland, wurden sie auch genutzt. Da sie nur zum Brüten an Land kamen und einige Kolonien sehr abgelegen waren, war das keine Bedrohung für die Art. Erst als sich im 18. Jahrhundert Menschen in den Brutkolonien etablierten, die Alkendaunen sammelten, indem sie die Tiere erschlugen, abbrühten und rupften, gingen die Populationen zurück. 1808 wurde das letzte Exemplar auf den Färöern gesichtet.
Die letzte Kolonie
1830 waren vermutlich alle Kolonien bis auf eine einzige Insel vor Island erloschen. Diese wurde in diesem Jahr von einem Vulkanausbruch zerstört, so dass die letzten Riesenalken auf einen winzigen Felsvorsprung der Nachbarinsel Elday brüteten. Dort waren die flugunfähigen und an Land sehr plumpen Vögel ein einfaches Opfer des Menschen. An so etwas wie Artenschutz dachte man nicht, denn „der liebe Gott wird schon keine seiner Schöpfungen verschwinden lassen“, wie man glaubte. Gleichzeitig stiegen die Preise für Balge und Eier in schwindelerregende Höhen. So wurden das letzte bekannte Brutpaar am Morgen des 3. Juni 1844 von zwei Vogelsammlern erwürgt, das letzte bekannte Ei zertreten.
Natale Cincinnati hat 2018 in der letzten Ausgabe des Kryptozoologie-Reportes noch Sichtungsberichte nach 1850 gesammelt. Aufgrund der Anzahl und Verteilung der Sichtung ist nicht sicher, ob es nicht doch noch irgendwo eine winzige Brutkolonie mit einer einstelligen Zahl von Tieren gab.
Die Wandertaube
Ähnlich ist die Klage der Wandertaube, deren Präparat man in der nächsten Vitrine findet. Sie kam in großer Zahl östlich der Rocky Mountains vor. Sie ist vor allem dafür bekannt, in bestimmten Jahren in großen Zügen unvorhersehbar nach Westen auszuwandern. Vermutlich zogen diese Schwärme in einer großen Schleife bis an den Rand der Rocky Mountains und dann wieder zurück in ihr Hauptverbreitungsgebiet im weiteren Umfeld der Großen Seen.
Diese großen Züge oder Schwärme waren Ziel vieler Jäger. Kein Wunder, dauerte der Durchzug eines solchen Schwarmes oft viele Stunden. In den 1810er Jahren schätzten mehrere Autoren anhand der Dauer des Durchzuges, der Zugbreite, -geschwindigkeit und der Dichte der Tiere einen solchen Zug auf eine bis drei Milliarden (!) Tiere. Man kann sich vorstellen, dass die Menschen damals einen solchen Zug sowohl als Plage, wie auch als Gottesgeschenk sahen. Das führte dann dazu, dass so viele Tauben wie nur möglich erschossen oder erschlagen wurden. Sie wurden gerupft und eingesalzt, was nicht nach 2 Tagen verwertet war, wurde an Schweine verfüttert.
Einfluss des Menschen
Ob diese Züge natürlichen Ursprungs waren, wird seit einigen Jahren diskutiert. Wandertauben ernährten sich in erster Linie von Nussfrüchten, dazu Bucheckern, Eicheln, Kastanien, aber auch Getreide. Der relativ neue Getreideanbau in den östlichen Plains ab 1780 sorgte vermutlich für ein stark vergrößertes Nahrungsangebot und damit beste Bedingungen zur Vermehrung. Hinzu kamen Mastjahre in den Wäldern, die oft durch Durchforstung und vermehrten Staubeintrag bedingt sind. Auch das haben die Siedler zu verantworten. Brach dann die Nahrungsversorgung zusammen, machten sich die Wandertauben auf den Weg. Zunächst nach Westen, dann den Rocky Mountains folgend nach Süden, um dann an der Atlantikküste wieder in ihre Brutgebiete zu gelangen.
Die letzte Kolonie
Die extreme Bejagung machte die Tauben trotz ihrer gewaltigen Zahl selten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Populationseinbruch. 1857 gab es in Ohio erste Bestrebungen, Wandertauben unter Schutz zu stellen, diese gingen aber ins Leere. 1871 brütete in Wisconsin beinahe die gesamte Restpopulation der Art, „nur noch“ 135 Millionen Tiere: Etwa 10% des Bestandes der zwei Jahrzehnte früher existierte. In den 1880er Jahren waren Kolonien mit 10.000 Tieren bereits „groß“. Doch die Bestände wurden weiter bejagt. 1890 waren Trupps von 10 Tieren bereits selten und am 24. März 1900 wurde die letzte bekannte freilebende Wandertaube erschossen.
14 Jahre später starb das letzte Exemplar der Art, ein Weibchen namens Martha im Alter von 29 Jahren im Zoo von Cincinnati, Ohio.
Wer ist das „Borkentier“?
Ähnlich, fast noch dramatischer erging es dem „Borkentier“, dessen Skelett an der Stirnseite des Raumes unter der Decke hängt. Es wurde 1741 von der Mannschaft des Expeditionsschiffes St. Peter unter dem Expeditionsleiter Vitus Bering für die Zivilisation entdeckt. Der Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller beschrieb es im selben Jahr. Es wurde bis zu 8 m lang und 10 t schwer, es lebte nahezu ausschließlich von Seetang. Ein Wal war das Borkentier nicht, eine Robbe ebenfalls nicht, sondern eine Gabelschwanz-Seekuh, mit dem heute noch lebenden Dugong verwandt: Die Steller-Seekuh. Der Name Borkentier kommt übrigens von der faltigen und derben Haut, die auf die ersten Untersucher wie Borke wirkte.
Ein Meeressäuger
Das „Borkentier“ lebte im Nordpazifik, an den Küsten von Mexiko bis zur Beringstraße und auf der asiatischen Seite bis Nordjapan. Vermutlich war es zu vorgeschichtlichen Zeiten noch weiter verbreitet. Durch Bejagung der indigenen Völker ist es in schwerer erreichbare Zonen ausgewichen. Berichten zufolge war die Steller-Seekuh -anders als der Dugong- ein sehr langsam schwimmendes Tier, das möglicherweise kaum tauchen konnte. Dem widerspricht jedoch die gegabelte und spitz auslaufende, fast 2 m breite Schwanzflosse, die für ordentlich Vortrieb sorgen konnte. In Gewässern, in denen Weiße Haie und Orcas regelmäßig Jagd auf Meeressäuger machen, wird so etwas auch notwendig gewesen sein. Trotzdem verfügten die Seekühe nur über eine sehr geringe Fortpflanzungsrate, für Großsäuger nicht ungewöhnlich (man beachte: Das Tier hat 10 t gewogen, das ist zwei- bis dreimal so viel wie ein asiatischer Elefant!).
Bei der Entdeckung schon selten
Bereits bei ihrer Entdeckung 1741 war die Steller-Seekuh selten. Man schätzt heute ihren damaligen Bestand auf etwa 2000 Tiere, nur einen Bruchteil des natürlichen Bestandes. In unwirtliche Gegenden abgedrängt, sank die Geburtenrate möglicherweise noch weiter. Aber nun kam die Bejagung durch Walfänger und Pelzjäger hinzu, die sie zur eigenen Ernährung jagten. Offenbar schmeckten sie sehr gut, was auch dem heutigen Dugong nachgesagt wird. So kam es, dass nur 27 Jahre nach der Entdeckung die letzte Steller-Seekuh im Jahr 1768 vor der Beringinsel erschlagen wurde.
Mir ging es übrigens ähnlich wie Steller 1741. Steller selbst konnte überhaupt nicht zeichnen, hatte aber einen Zeichner an Bord. Leider sind seine Zeichnungen vor der Veröffentlichung verloren gegangen. Ich hatte den Fotoapparat dabei, aber vergessen, zu fotografieren. Daher gibt es drei Ersatzbilder:
Fazit
Ich habe im Naturhistorischen Museum Braunschweig etwa 90 Minuten verbracht. Aufgrund seiner Themenvielfalt, den hervorragenden Dioramen und den vielen neuzeitlich ausgestorbenen Tieren ist die Ausstellung sehenswert. Das Vivarium, das meine persönlichen Vorlieben sehr ansprach, kam noch erschwerend hinzu.
Ein paar Schwachpunkte gibt es dennoch. Die Beschriftung der einzelnen Ausstellungsobjekte lässt teilweise zu wünschen übrig, teilweise ist sie exzellent. Die museumshistorische Bedeutung der Dioramen könnte betont werden. In Zeiten der allgegenwärtigen Naturfotografie und -dokumentationen in Fernsehen und Internet haben sie zwar nichts an ihrer Faszination verloren, aber eine völlig andere Funktion bekommen.
Ich werde gerne wieder kommen, auch um vieles, das ich vor lauter Staunen nicht fotografieren konnte, abzulichten.