Ichthyophthirius

Buntbarsch mit Ichthyophthirius-Befall. Foto: CC by Thomas Kaczmarczyk
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Behandlung einer Ichthyo-Infektion im Aquarium

Ichthyophthirius multifiliis, der Erreger der Weißpünktchen-Krankheit ist nach Haltungsfehlern sicherlich für die meisten Todesfälle von Aquarienfischen verantwortlich. Auf meiner früheren Website hatte ich eine Behandlungsmethode dargestellt, die bei mir immer zu guten Erfolgen führte. Da einiger Traffic immernoch über alte Links entsteht, habe ich mich entschieden, diesen Text zu überarbeiten und hier erneut einzustellen, obwohl das eigentlich nicht Thema des Blogs ist.

 

Ichthyophthirius, die häufigste Zierfisch-Erkrankung

Buntbarsch mit Ichthyophthirius-Befall. Foto: CC by Thomas Kaczmarczyk
Buntbarsch mit Ichthyophthirius-Befall. Foto: CC by Thomas Kaczmarczyk

Erreger dieser Krankheit ist der Einzeller Ichthyophthirius mulitfiliis. Er ist weltweit im Süßwasser verbreitet. Vermutlich war er ursprünglich ein Parasit der Karpfen oder Karpfenartigen. Heute gibt kaum ein Süßgewässer, in dem Fische leben, ohne diesen Parasiten. Der erste Bericht stammt aus dem 10. Jahrhundert nach Christus aus dem alten China. Dort war er für verheerende Wirkung in Goldfischzuchten bekannt. 

Der Parasit durchlebt einen dreistufigen Zyklus: Als Trophozoit (Fresszelle) lebt er in kleinen, selbstgegrabenen Höhlungen in der Haut oder dem Kiemenepitel von Fischen. Dort ernährt er sich von Lymphe und Gewebezellen seines Wirtes. Er kann eine Größe von mehr als 1 mm Durchmesser erreichen und ist dann als weißer Punkt erkennbar. Ist er fortpflanzungsfähig, verlässt er den Wirt als Tomont und durchstößt dabei die Haut, was erhebliche Verletzungen zur Folge haben kann.

Der Tomont schwimmt dann in spiralförmigen Bahnen zu Boden und siedelt bevorzugt auf Wasserpflanzen oder Hartsubstraten. Er bildet eine mehrschichtige, schleimige Kapsel aus, in der er sich in hoher Geschwindigkeit immer wieder teilt. Innerhalb von 24 h nach dem Festsetzen können bis zu 12 Teilungsschritte durchgeführt werden, 7 bis 10 sind jedoch normal. Hierbei entstehen üblicherweise zwischen 250 und 1000 (nominell 256 bis 1024) Schwärmer. Ich habe in einem Fall während meiner Diplomarbeit über 4000 Schwärmer zählen können.

Diese Schwärmer sind nur zwischen 50 und 70 µm lang, schlank und überall bewimpert, so dass sie relativ hohe Geschwindigkeiten erreichen können. Sie suchen aktiv nach Fischen, die sie anschwimmen. Mit einem speziellen Organell an der Front dringen sie in deren Haut ein.

Je nach Wassertemperatur dauert der Zyklus zwischen 4 und 180 Tagen.

 

Symptome

Neben den schon beschriebenen, bis zu stecknadelkopfgroßen weissen Punkten auf der Haut haben befallene Fische einige weitere Symptome. Zunächst zeigen sie allgemeines Unwohlsein mit Flossenklemmen und Dunkelstellen. Dann beginnen sie, sich immer wieder an Einrichtungsgegenständen zu scheuern. Dieses Verhalten ist nicht spezifisch für einen Ichthyo-Befall, sondern tritt bei vielen Ein- und Mehrzellern auf, die Haut und Kiemen besiedeln. Vor allem Goldfische sondern häufig große Mengen Schleim ab. Oft folgt noch Atemnot, wobei hier unklar ist, ob sie durch den Parasiten direkt oder verschleimte Kiemen verursacht wird. Die Tiere werden apatisch und sterben bei starkem Befall sehr schnell.

 

Behandlung einer Ichthyo-Infektion mit der kombinierten Wasserwechsel- & Malachitgrünoxalat-Methode

Man nehme:
– 0,1%ige Malachitgrünoxalat-Lösung (zinkfrei) aus der Apotheke,
– Eine Injektionsspritze ohne Nadel zum Abmessen

Injektionsspritze wird in einer Hand gehalten
Mit einer solchen Spritze kann man sehr gut kleine Flüssigkeitsmengen dosieren

Von dieser Lösung werden 6 ml auf 100 Liter Aquarienwasser abgemessen und in ein bis zwei Litern Wasser vorgelöst. Befinden sich im Aquarium keine Salmler, empfindliche Buntbarsche oder Welse, kann man (muß aber nicht) die abgemessene Menge auf bis zu 10 ml je 100 Liter erhöhen. Den Behälter mit der Vorlösung stellt man nach Möglichkeit dunkel und vor allem sicher.

Als nächstes wechselt man so viel Wasser im Aquarium, wie möglich. Dabei saugt man den Mulm ab und schließt den Biofilter für die nächsten Tage in einem Eimer kurz. Anstelle des Filters wird eine Pumpe oder Durchlüftung installieret, die das Wasser in Bewegung hält. Einen Mattenfilter saugt man ab, soweit möglich und lässt ihn arbeiten. Beim Auffüllen des Wassers gibt man die Malachitgrünoxalat-Vorlösung langsam dem Wasser zu.

Der Pfleger sollte die Wassertemperatur soweit erhöhen, wie es die Fische vertragen. Dies beschleunigt den Zyklus von Ichthyo und verkürzt damit die Behandlung. Außerdem steigt mit der Temperatur die Sterblichkeit der Tomonten in der Bodenphase.

So verfährt man jeden Tag bis zum Ende der Behandlung.

 

Ende der Behandlung

Die Behandlung ist grundsätzlich 4 Tage nach dem letzten Auftreten eines weißen Pünktchens beendet. Zum Ende der Behandlung wechselt man am besten an 4 aufeinander folgenden Tagen jeweils 1/3 des Aquarienwassers und saugt den Mulm ab. Ein kurzgeschlossener Biofilter kann nach dem 2. Wasserwechsel wieder angeschlossen werden.

Vorsicht: Malachitgrünoxalat ist gesundheitsschädlich, ätzend, reizt die Haut, Augen und Atemwege. Das Pulver sollte nach Möglichkeit im Freien und mit Gummihandschuhen und Mundschutz verarbeitet werden. Mit der Stammlösung arbeitet man ebenfalls mit Handschuhen. Die Stammlösung ist sehr lichtempfindlich, sie sollte kühl und dunkel, aber nicht in der Nähe von Lebensmitteln aufbewahrt werden.

 

Rechenbeispiel 1:

Ein Aquarium mit den Außenmaßen 80 cm x 35 cm x 40 cm soll behandelt werden.
– die Sandschicht am Boden ist 6 cm dick
– der Wasserspiegel liegt 2 cm unter der Oberkante
– Glasdicke 6 mm

Damit ergeben sich folgende Maße: 78,8 cm Länge, 33,8 cm Tiefe und 31,4 cm Wasserstand. Das sind 78,8 cm x 33,8 cm x 31,4 cm = 83.631,016 cm³ oder etwa 83,6 Liter Wasser.

Pro 100 l Wasser sollen 6 ml der Stammlösung verwendet werden. Damit werden 0,836 x 6 ml = 5,0179 ml oder rund 5 ml der Stammlösung für jeden Tag benötigt. Bei (großzügig gerechneten) 14 Tagen Behandlungsdauer brauche ich also 70 ml der Stammlösung.

 

Rechenbeispiel 2:

Ein Aquarium mit den Außenmaßen 120 cm x 50 cm x 50 cm soll behandelt werden.
– das Glas ist 8 mm dick
– der Wasserspiegel liegt 2 cm unter der Oberkante
– die Sandschicht am Boden ist 3 cm dick
– Steinaufbauten aus Basalt von insgesamt 90 kg stehen im Becken

Damit ergeben sich folgende Maße: 118,4 cm Länge, 48,4 cm Tiefe und 44,2 cm Wasserstand. Das sind 118,4 cm x 48,4 cm x 44,2 cm = 253.290,752 cm³ oder 253 Liter Wasser.
Die Steine wiegen 90 kg , bei einer Dichte von 2,7 g/cm³ wären das 90.000 g/2,7 g/cm³ = 33.333 cm³ oder 33,3 Liter.

Im Aquarium befinden sich also 220 l Wasser.

Pro 100 l Wasser sollen 6 ml der Stammlösung verwendet werden. Damit werden 2,2 x 6 ml = 13,2 ml der Stammlösung für jeden Tag benötigt. Bei (großzügig gerechneten) 14 Tagen Behandlungsdauer brauche ich also 185 ml der Stammlösung.

 

Alternativen:

Der Zoofachhandel bietet eine Reihe von Heilmitteln gegen Ichthyophthirius an. Häufig handelt es sich hier um Mischpräparate, die auch Malachitgrünoxalat oder -chlorid enthalten, zusätzlich zu anderen Wirkstoffen. Diese sind in der Regel brauchbar.
Ob man sie nach Packungsbeilage oder wie in der oben beschriebenen Weise mit zahlreichen Wasserwechseln anwendet, bleibt jedem selbst überlassen.

Für die Speisefischzucht ist Malachitgrünoxalat nicht mehr zugelassen. Hier bieten sich Formalin- oder Kaliumpermanganat-Bäder an. Eine weitere, selten genutzte Alternative ist Chinin.

Chinin

Chinin ist eine komplizierte organische Verbindung. Das hält die Bakterien im Aquarium nicht davon ab, sie als Kohlenhydrat und damit als Energiequelle zu „missbrauchen“. In den meisten Aquarien sind aber Kohlehydrate der Mangelfaktor, der das Wachstum von Bakterienrasen begrenzt. Gelangt nun ein Kohlenhydrat in großer Menge ins Aquarium, werden sich die Bakterien, die es verwerten können, stark vermehren. Eine starke Bakterienvermehrung bringt mehrere Nachteile mit sich: Sauerstoffzehrung, frei schwimmende Bakterienplaques, die Kiemen von Fischen verstopfen könnten, viel Schleim im Becken – und nebenbei wird die Wirksubstanz abgebaut.
Chinin ist als weitgehend ungiftige, ja lebensmittelgeeignete Substanz eigentlich eine gute Alternative zu Malachitgrünoxalat oder dessen Derivaten, hätte es nicht diese Nachteile.

 

Kupfer

Zwei historische Apothekerflaschen mit Kalisalpeter und Kupfersulfat
Kupfersulfat, hier in einer historischen Chemikalienflasche, ist ein Gift, das schwer aus dem Aquarium zu entfernen ist

Einige wenige Hersteller bieten noch kupferhaltige Heilmittel an. Erfahrungsgemäß sind sie bei Zooverkäufern recht beliebt, denn man muss sich nicht die Mühe machen, mit dem Kunden eine Diagnose zu erarbeiten. Sie wirken gegen alle Einzeller, viele Bakterien und eine große Zahl von mehrzelligen Parasiten.
Kupfer hat aber einen gravierenden Nachteil: Es ist nicht abbaubar. Kupfer ist ein Element, anders als Malachitgrünoxalat oder Chinin kann es weder chemisch noch biochemisch irgendwie in einfache, ungiftige Verbindungen abgebaut werden. Es bleibt, wo es ist und ist giftig.
Ein weiterer Punkt macht Kupfer im Aquarium fast unberechenbar: je nach pH-Wert verändert sich seine Löslichkeit und damit auch die Verfügbarkeit im System: bei niedrigem pH-Wert ist Kupfer gut löslich, bei hohem pH liegt es häufiger als unlösliches Karbonat etc. vor. Problematisch wird die Sache, wenn das Kupfer in eine saure Umgebung kommt, z.B. an der Oberfläche von Hölzern, aber auch im Magen von Fischen: es geht in Lösung, im letzten Fall wird es vom Organismus direkt aufgenommen. Im ersteren reicht ein daher schwimmender Harnischwels, der es einatmet.
Je nach Produkt ist bereits nach einmaliger Anwendung die Vergiftung von Schnecken, Garnelen, Krebsen unc Co. zu befürchten. Daher rate ich nicht zu Medikamenten, die Kupfer oder Kupferverbindungen enthalten. Diese werden oft mit dem lateinischen Begriff Cuprum umschrieben. 
Es gibt Möglichkeiten der Entgiftung mit einfach verfügbaren Mitteln, aber dies würde den Rahmen hier sprengen.

 


Die hier gegebenen Behandlungsempfehlung ist sorgfältig geprüft worden und hat sich vielerorts als praktikabel erwiesen. Malachitgrünoxalat ist nicht für die Behandlung von Speisefischen zugelassen! Wie Krebstiere und Weichtiere auf diese Therapie reagieren, weiß ich nicht! 
Ich übernehme keinerlei Haftung für Schäden, die durch ihre Anwendung an Mensch, Tier, Umwelt oder Gegenständen entstehen.


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