Wie man mit Garnelen verreist

Was vorher geschah: Die ersten Fische sind ins Aquarium eingezogen
Umberto Eco hatte vor vielen Jahren ein ähnliches Problem: er ist mit einem Lachs verreist. Der Lachs war allerdings bereits tot und sollte nur im Hotelzimmer einige Tage im Kühlschrank verbringen. Aufgrund eines Kommunikationsproblems kam es zu wunderlichen Verwirrungen.
Mein Problem war jedoch völlig anders gelagert. Im Gegensatz zum Fisch des Literaten lebten meine Garnelen noch, sollten die Nacht überleben und das nicht etwa im Kühlschrank. Doch wie kam es dazu?
Die ersten Bewohner meines Aquariums waren die 10 Red Cherry Garnelen der Art Neocaridina davidi. Sie sollten nicht nur rote Farbe ins Becken bringen, sondern auch ein wenig mit Mulm und Aufwuchs aufräumen. Das haben sie generell auch getan, aber nach einiger Zeit fand ich nur noch vier von ihnen. Selbst wenn sich die anderen sechs in meinem Pflanzendschungel verstecken konnten: sie waren zu wenige.
Nun begab es sich, dass ich zum Weihnachtstreffen meiner Facebook-Aquariengruppe nach Wolfsburg geladen wurde. Also kam natürlich die Frage: „Wer hat Red Cherry Garnelen und kann mir welche zu welchem Kurs mitbringen?“ Andreas Peschke hatte sich sehr schnell gemeldet, der Kurs war auch klasse: „Alles an Ästen vom Korkenzieherhasel, das ich ins Auto bekomme“. Fairer Deal: Ich wollte bzw. musste den Hasel sowieso beschneiden, bei so einer Aktion kommt einiges zusammen. Also: rein ins Auto, obwohl es noch drei Wochen bis zum Treffen sind.
Drei Wochen volles Auto
Folglich gondelte ich drei Wochen mit dem ganzen Kofferraum voll Zweige durch die Lande. Der Innenraum meines sowieso schon kleinen Autos füllte sich immer mehr: Rückbanktetris wurde zum Dauersport und eine Kiste Pfandflaschen wegbringen zum Albtraum.
Gestern war es dann soweit: die Transaktion „Garnelen gegen Zweige“ wurde während der Weihnachtsfeier durchgespielt und ich stand auf einmal mit einer Gummibärchen-Dose voller Wasser, Moos und Garnelen und einem leeren Kofferraum da. Leer? Sicher nicht, da lag noch einiges an inzwischen trockenem Laub und Fruchtständen herum. In den nächsten Tagen muss ich zur Tankstelle und das Ganze mal aussaugen.
Garnelen im Hotelzimmer
Mit den Garnelen ging es dann erst einmal ins Hotel. Im Hotelzimmer konnte ich dann mit dem Zahnputzglas einen Wasserwechsel improvisieren. Wenn jemand meiner -sicherlich zahlreichen- Leser in den nächsten Tagen beim Zähneputzen in einem Wolfsburger Hotel einen gewissen Fischgeschmack auf der Zunge hat… haben sie das Glas nicht sorgfältig gespült.
Heute morgen wechselte ich dann direkt noch einmal eine kleine Menge Wasser und dann gings nach Hause. Wegen der besseren Temperaturkontrolle durften sie im Fußraum des Beifahrersitzes mitfahren. Sogar eine zweistündige Pause haben sie ohne Probleme überstanden: Ich hatte das Auto extra in die Sonne gestellt, damit es warm bleibt.
Angekommen
Zuhause angekommen kam dann der dritte Wasserwechsel innerhalb kürzester Zeit: diesmal mit dem Wasser ihrer zukünftigen Heimat: drei mal zwei Gläser im Abstand von einer halben Stunde. Danach gings ins Aquarium.
Gerne hätte ich irgendetwas wie „kritisch beäugt von den bisherigen Bewohnern“ geschrieben. Allerdings hatte ich eher den Eindruck, dass sich die Nannostomus absolut nicht für die neuen Mitbewohner interessierten. Also bezogen etwa 50 Garnelen verschiedener Größen ihr neues Zuhause – völlig ohne kritisch beäugt zu werden.
Um bei den Salmlern wenigstens ein wenig Interesse hervorzurufen (und weil sie seit Freitagmittag nichts mehr bekommen hatten), habe ich einen Würfel Cyclops aufgetaut. Die wurden zwar beäugt, aber weniger kritisch, sondern mehr hungrig. Sie schwimmen als helle Punkte durch einige Bilder.
Wie sich die Garnelen machen, sehe ich dann morgen und inden folgenden Tagen.
Nachtrag:
Ich hatte die Garnelen zunächst ohne das Moos ins Aquarium gesetzt. Garnelen werden üblicherweise mit etwas Moos transportiert, damit sie etwas haben, an dem sie sich festhalten können.
Während des Umsetzens habe ich das Moos mehrfach zwischen zwei Behältern hin und her transportiert, bis wirklich alle Garnelen raus sind. In einem dieser Behälter fand ich dann zwei Fischbabies, die aussahen, als wären sie gerade geschlüpft.
Da ich derzeit keine Kapazitäten habe, Fische großzuziehen, habe ich sie mit dem Moos ins Aquarium gesetzt. Dort gibt es eine Menge Moospolster, in denen sie genug Infusorien finden können, sie müssen sich „nur“ selber drum kümmern. Wer weiß, wie viele noch nicht geschlüpfte Fischeier noch in den Moos hingen? Um welche Art(en) es sich handelt? Vielleicht sehe ich bald einen etwas größeren Babyfisch im Aquarium schwimmen…