„Birding“ – eine völlig neue Erfahrung für mich
Gestern und vorgestern war ich mit Bradster White und gestern noch mit Annett Jaeger unterwegs zum „Birding“, also Vogelbeobachtung.
Bradster kommt aus Melbourne (ja, das in Australien) und war zur Caravan-Messe in Düsseldorf. Wenn er schon einmal da ist, ist er so klug und hängt ein paar Tage für sein Hobby dran. Um aus der Innenstadt in Düsseldorf weg zu kommen, hat er um ortskundige Hilfe gebeten. Kein Thema, dann komme ich auch mal wieder raus und kann sicher auch tolle Fotos machen.
Wir trafen uns vormittags im Hofgarten. Es war gar nicht so schwer, Bradster zu erkennen. So viele Leute laufen nicht mit ner teuren Kamera durch die Gegend und fotografieren alltägliche Vögel. Der erste Weg ging mit dem Cabrio ins Neandertal. Ich hatte vermutet, dass hier andere Vögel vorkommen, als in der Stadt, insbesondere in der Umgebung der Großtiere im eiszeitlichen Wildgehege. Und ich hatte vermutet, dass die Vögel hier Wanderer gewöhnt sind.
Ich hatte Recht: der erste Vogel, der Bradster zur Verzückung brachte, war ein Zaunkönig, der an der alten Kläranlage rumsprang und immer mal wieder verschwand. Dann folgten bald Mönchsgrasmücke und Gartenbaumläufer, Kohl- und Blaumeisen und noch ein weiterer Waldvogel, mit dessen englischem Namen ich nichts anfangen konnte.
„… aber nur, wenn sie Federn haben“
Apropos englische Namen: die Doppelbedeutung des Wortes „tits“ macht Spaß. Es bedeutet „Meisen“ oder ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für „Brüste“. Auf die Frage, was seine Frau davon hält, wenn „he is at the end of the world and looking for tits“ meinte Bradster „She does not mind, if they only have feathers!“
Im offenen Bereich des Neandertals bekamen wir dann noch eine Lerche, Goldammern, drei Mäusebussarde und Mehlschwalben zu Gesicht, Bradster war mehr als zufrieden, obwohl wir die eigentlich immer an der Brücke vorkommende Wasseramsel nicht zu Gesicht bekamen. Eine Gebirgsstelze und ein Eisvogel (der aber nur von hinten) haben mehr als entschädigt.
Es gab noch einen kurzen Ausflug in den Shop vom Neandertal-Museum, Bradster kaufte ein Stoff-Mammut für seinen jüngeren Sohn.
Urdenbacher Kämpe – am Rhein
Die Urdenbacher Kämpe sind ein ehemaliges Auwaldgebiet am Rhein, zwischen Monheim und Düsseldorf. Sie sind durch den Durchstich durch eine Rheinschleife im 19. Jahrhundert und die Wiedervernässung des alten Flußbettes vor einigen Jahren entstanden. Es bietet eine Reihe von verschiedenen Lebensräumen vom Kiesstrand am Rhein über extensiv bewirtschaftete Felder auf Trockenböden, Pappel- und Weidenwäldchen, einen Bauernhof, Steuobstwiesen und einen langgezogenen Sumpf im alten Flußbett.Um möglichst viel der offenen Lebensräume zu erreichen, steuere ich den kleinen Bauernhof an, wo auch eine Infostation liegt. Hier kann man parken und über gut ausgebaute Fußwege bis zum Rhein vordringen – oder bis zum Altrhein. Wieder gibt sich ein Mäusebussard die Ehre, an einer Weide am Rheinstrand ist ein Fliegenschnäpper unterwegs. Der Kiesstrand selber ließ mich staunen. Ich sehe irgendwo in 30 oder 40 m ein paar Lachmöwen im Winterkleid sitzen, Bradster strahlt, geht zu Boden und knipst, dass der Chip glüht. Hinterher zählt er 14 Bachstelzen, auf dem kleinen Stück. Ich habe kurz danach eine einzelne gesehen – so gut getarnt sind sie.
Auf dem Rückweg zum Auto fotografiere ich eine Reiterin, die mit einem Hund auf dem abgeernteten Acker spielt. Wundervolle Bilder im Gegenlicht gibt das, leider darf ich sie nicht weiter geben. Aber wir werden eingeladen, im Hof des Bauernhofes zu fotografieren. Das hat sich für Bradster und mich wirklich gelohnt. Dort waren die Rauchschwalben gerade flügge, saßen auf Lampen und sperrten die Schnäbel weit auf, wenn die Eltern kamen. Im Abendlicht sind einige tolle Bilder entstanden.
Eibsee bei Hilden
Am nächsten Morgen ging es den kurzen Weg an den Eibsee in Hilden. Das alte Baggerloch wurde aufwändig renaturiert und bietet so einer Vielzahl von Vögeln eine Heimat, im oder am Wasser und im Wald. Auf Bradsters Wunschliste stand irgendeine omminöse Ente, Schwanzmeisen und vor allem Spechte. Wir parkten in Hilden in der Nähe des neuen Spa’s und machten uns auf den Weg zum Beobachtungsturm auf der Südwestseite. Kaum waren wir oben, gaben die Vögel die erste Show. Ein Pärchen Haubentaucher hatte ein Jungtier fast groß gezogen, fütterte aber noch fleissig. Von oben konnten wir sie im klaren Wasser immer wieder abtauchen und mit Beute wieder auftauchen sehen.
Kaum zogen sie weiter, wurden die Büsche um den Baum von einem Trupp Schwanzmeisen geentert. Ja, tatsächlich, Bradster’s Smile wurde immer größer!
Auf dem weiteren Weg konnten wir noch einen Graureiher, verschiedene andere Wasservögel und ein Reh beobachten, das furchtlos einige Meter vor uns den Weg kreuzte. Bradster will sogar einen Eisvogel gesehen haben. Nur der Specht fehlte noch. – Trommelwirbel – da war er, irgendwo da oben. Noch ein Klopfen, dann ging mein Handy. Annett, die Bradster und mich „verkuppelt“ hatte, hatte endlich frei und war auf dem Weg zum Treffpunkt. Also verbrachten wir noch ein paar Minuten damit, den Specht zu suchen, es war ein großer Buntsprecht. Dann ging es schnellen Schrittes zurück zum Auto.
Urdenbacher Kämpe – der Altrhein
Nach kurzer Beratschlagung haben wir beschlossen, erneut nach Urdenbach zu fahren und die feuchten Bereiche der Kämpe zu besuchen. Wir parkten wieder an dem kleinen Bauernhof und gingen durch die Felder zum Altrhein. Zumindest hatten wir das vor. Wir kamen etwa 200 m weit, dann war der erste Stopp angesagt – mitten in der Ebene, in weitem Umkreis nur platte Felder. an dem einen Horizont zeigte sich ein Roter Milan, auf der anderen Seite ein Schwarzer Milan, vergleichende Zoologie in der Natur.
Doch das war nicht alles. Irgendwo zwischen den Erdbrocken auf den abgeernteten Feldern hüpften Vögel herum. Offenbar etwas besonderes, denn Annett und Bradster haben lange gebraucht, sie zu identifzieren: Brachpieper. Ein Vogel, den ich bisher nur aus Büchern kannte.
Auf dem Weg zum Altrhein machten sich Eichelhäher bemerkbar, der Mäusebussard tauchte wieder auf. Irgendwann blieben die beiden Birdwatcher stehen und deuteten auf etwas, das weit entfernt war und das ich anhand von Form und Farbe eher grob als „Busch“ bezeichnet hätte. Tatsächlich konnte ich dann im Spektiv ein Braunkehlchen sehen.
Mir fiel immer wieder auf, wie vielfältig diese Landschaft ist, auf der einen Seite extrem weitläufig, auf der anderen sehr kleinteilig. Enten mehrer Arten lebten auf den Wasserflächen, zusammen mit Teich- und Blässhühnern und immer wieder auch Graureihern. Zwischendrin schwammen auch mal Nutrias, Ringelnattern bekamen wir leider nicht zu Gesicht. Die gesuchten Sumpfmeisen ließen sich nicht sehen, nur hören, ebenso zwei Eisvögel.
Kurz bevor wir wieder zurück beim Auto waren, kam ein heftiger Schauer herunter, so dass „Feuchtgebiet“ auch von oben galt.
Bradster wird morgen hochzufrieden nach Australien zurückfliegen.