Ausflug ins Weißjura: Eichstätt

Wer sich wundert, warum sie oder er in der letzten Woche so ruhig war: ich war verreist. Wie in den letzten Jahren in jedem Herbst war ich an der Altmühl: die Landschaft genießen, Museen besuchen und nach Fossilien klopfen. Auf dem Rückweg habe ich dann auch noch einen Abstecher in die Tongrube in Buttenheim (bei Forchheim, nördlich von Nürnberg) gemacht. Wie immer waren lebende Tiere neben den Fossilien Objekt meiner Beobachtung – und natürlich auch Menschen.
Ziel waren zunächst die Solnhofener Plattenkalke des Weißjura, die Formation, in der die Fossilien des Archaeopteryx gefunden wurden. Eine der relativ zahlreichen Fossillagerstätten in Deutschland von Weltrang (Messel, Holzmaden, Solnhofen) – und für einen kleinen Obolus oder gar kostenlos darf man dort selber graben. In den Steinbrüchen, in denen tatsächlich die meisten Archaeopteryx gefunden wurden. Allerdings sind die meisten Kalkplatten leer, die häufigsten Funde sind Koprolithen (versteinerter Kot), freischwimmende Seelilien (Saccocoma) und eher schattenhafte kleine Ammoniten. Für Fische braucht man schon Glück, Fische mit mehr als 5 cm sind schon relativ selten, aber doch zu finden, ebenso verschiedene Krebse. So viel Glück war mir bisher nicht beschert.
Das Museum für Ur- und Frühgeschichte in Eichstätt
Da es Anfang September an der Altmühl schon ganz schön kühl und regnerisch sein kann, ging mein erster Weg ins Museum für Ur- und Frühgeschichte auf der Willibaldsburg in Eichstätt. Es ist ein sehr hübsches Jura-Museum mit einem sehr interessant gestalteten Spezialraum zum Thema Archaeopteryx und Vogelflug. Und natürlich kann man auch das „Eichstätter Exemplar“ des Urvogels betrachten, im Original.
Das Hauptaugenmerk der Ausstellung sind allerdings die herrlichen Fossilien des Weißjura, von der Libelle bis zum Dinosaurier. Ja, tatsächlich: Jurassic Park hat hier auch einen Landdinosaurier: den einmaligen Juravenator, einen kleinen, agilen und spezialisierten Jäger. Seit letztem Jahr zeigen sie zusätzlich eine Sonderausstellung von privat gesammelten Fischen. Da sind einige dabei, bei denen man nur ins Träumen gerät. Einen Schwarm solcher Tiere in einem großen Aquarium… oder wenigstens ein solches Fossil an der Wand…
Zu den Fotos:
Die Willibaldsburg in Eichstätt beherbergt das Museum für Ur- und Frühgeschichte.
Der Urvogel Archaeopteryx, das Eichstätter Exemplar (Nr. 5). Diese Ikone der Evolution wurde nur hier in der Umgebung gefunden, bisher kennt man elf Exemplare, davon sechs mehr oder weniger vollständige. Vier Fossilien sind nur fragmentarisch erhalten, ein Exemplar gilt als verschollen.
Der Kopf des Juravenator, eines kleinen Raubsauriers. Von diesem Tier gibt es nur ein einziges Exemplar, das auf der Willibaldsburg ausgestellt wird. Er war zu Lebzeiten etwa 80 cm lang und lief auf zwei Beinen. Als agiler Räuber könnte er eine ähnliche Nische eingenommen haben, wie heutige Katzen.
Im Innern der Burg: Das Museum für Urgeschichte zeigt in seinen Vitrinen die herrlichsten Fossilien. Von der Decke hängen Modelle rund 150 Millionen Jahre alter Meerestiere.
Ein wunderbares Fossil eines Oberflächenfisches aus dem Freiwasser. Man kann sogar Reste der Färbung sehen: auf jeder einzelnen Schuppe ist ein dunkler Fleck. Wie dieses Tier wohl im Leben ausgesehen hat?
Die Meerwasser-Aquarien um Museum für Urgeschichte sind in einem tollen Zustand. Die Kombination aus Fossilien und Aquarien sind gerade für Kinder eine sehr interessante Kombination. Hier gibt es immer viel zu sehen.
Apropos Aquarium:
Die Gegend um Eichstätt war eine Art trockener Archipel mit zahlreichen Inseln und Riffen dazwischen. Das Museum hat sich die Mühe gemacht, einige Aquarien aufzustellen, in denen tropische Korallenriffe, aber auch andere, heute lebende Verwandte des Jurameeres leben. Über die Jahre machen vor allem die Korallenriff-Aquarien einen immer besseren Eindruck, heute sind sie wirklich in einem tollen Zustand. Etwas anderes ist es bei den Knochenhechten im Süßwasser, hier scheint ein wenig Zeit oder Know-How zu fehlen.
Den Abschluss bietet ein Weg über eine Empore, auf der die Erdgeschichte in Fossilien dargestellt wird, nach Möglichkeit mit Exemplaren aus Deutschland oder angrenzender Länder. Das ist schon eher etwas für Spezialisten, normale Museumsbesucher werden sich nur einzelne Punkte raussuchen.
Eine bemerkenswerte Sonderausstellung
Eine Sonderausstellung gab es auch noch: Hier widmete sich der Fotograf Lothar Schiffler der Iskiographie. Das ist -im Gegensatz zur Fotografie- das Schreiben mit Schatten, nicht mit Licht. Auf seinen Bildern sieht man vor einem Hintergrund die Wege, die ein Vogel beschreibt, z.B. wenn ein Bussard in einem Aufwind kreist oder Mauersegler nach Insekten jagen. Es sind tolle Aufnahmen, wer die Chance hat, die Ausstellung zu sehen, sollte hingehen!Ach ja: Der paläontologische Teil des Juramuseums wird Ende des Jahres geschlossen. Die katholische Kirche sieht sich nicht weiter in der Lage, es zu finanzieren und ein anderer Träger hat sich nicht gefunden. Die Ausstellungsstücke werden vermutlich alle nach München wandern, zur Bayerischen Staatssammlung für Geologie. Ob und wo sie wieder ausgestellt werden, habe ich nicht erfahren können.
Im Steinbruch auf dem Blumenberg
Nach dem Besuch auf der Willibaldsburg ging es in einen der insgesamt fünf Besuchersteinbrüche. Der größte gilt unter den Hobby-Fossilienjägern auch als der beste der fünf: Der Steinbruch auf dem Blumenberg bei Eichstätt. Da ich während der Woche, gegen Mittag dort ankam, war es relativ ruhig. Drei Gruppen gut organisierter Semi-Profis hatten in höflichem Abstand ihre Claims bezogen, die letzten Schüler räumten die Grube: der Spielplatz am Rand wurde dann doch interessanter.
Das Graben kenne ich seit einigen Jahren: Der größte Teil des Steinbruches ist mit bereits abgesuchten Kalkplatten bedeckt. Um an das Anstehende zu kommen, schiebt man sie weg. Der Klappspaten und die Handschuhe leisten dabei hervorragende Arbeit. Danach hat man meist schon keinen Bock mehr, so anstrengend kann das sein. Dabei geht es dann erst los: Man bricht sich einen Stapel Platten heraus und spaltet sie, wie man einen Stapel Papier öffnen würde. Je nach Größe der Platte geht das einfacher oder schwerer. So verbringt man den Tag, im Idealfall hat man sich einen halbwegs bequemen Sitz gebaut. Gelegentlich kommt es vor, dass man auch etwas findet. Spätestens die fünfte Saccocoma oder den dritten Koprolithen lässt man dann für andere liegen. Wirklich Glück hatte ich am ersten Tag leider nicht, so ging es zwar erschöpft, aber keinesfalls befriedigt in die Pension.
Als ich am zweiten Tag wieder im Steinbruch erschien, war ein großer Schaufelbagger damit beschäftigt, lose Platten an den Rand des Bruches zu verschieben. So wurde der Boden aus anstehendem Gestein frei… und die Fundchancen stiegen gewaltig. Nach fünf Stunden ziemlich aktiver Suche hatte ich den Korb voll, hauptsächlich Ammoniten und Aptychen, aber auch Saccocoma, ein winziger Fisch und etwas noch undefinierbares waren dabei. Diesmal ging es doch deutlich zufriedener in die Pension, auch das Abendessen schmeckte mir besser.
Solnhofen – mit Steinbruch…
Am letzten ganzen Tag wollte ich den relativ neu für Besucher zugänglichen Gemeindesteinbruch der Gemeinde Solnhofen besuchen. Er liegt auf der anderen Seite der Altmühl, in einer Linie mit den bekannten Stellen der Langenaltheimer Hardt. Der kleine Bruch ist noch nicht sehr tief ausgegraben, anders als die industriell betriebenen Steinbrüche in der Nachbarschaft. So werden hier tatsächlich die Langenaltheimer Schichten angeschnitten, anders als in Langenaltheim, wo die Solnhofener Schichten abgebaut werden. Da soll noch einer den Überblick behalten…
Im Gegensatz zum Blumenberg ist das Gestein hier härter und spröder. Es springt eher und lässt sich nicht so gut spalten, optisch wirkt es minimal transparenter. Die Konsequenz war, dass ich nach einer halben Stunde auf meinen schmerzenden Rücken gehört und das Graben aufgegeben habe. Mit gesenktem Kopf durch den Steinbruch laufen war erfolgreicher. Binnen einer weiteren halben Stunde habe ich dann einen über 10 cm langen Fisch, einen Ammoniten, der halb von Calcit-Kristallen verzehrt wird und einen weiteren Ammoniten mit Aptychus gefunden. Viele kleinere Ammoniten habe ich dann liegen lassen.
Bei meinem nächsten Besuch an der Altmühl werde ich diesem Steinbruch mehr Aufmerksamkeit widmen. Und -Bei der heiligen Barbara und Archaeopteryx, dem gefiederten Urviech- ich werde meinen Rücken besser trainieren!
… und Museum
Am Nachmittag habe ich dann das Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen besucht. Es ist das zweite „große“ Museum an der Altmühl, das sich mit den Fossilien des Weißjuras befasst. Deutlich kleiner und enger, als das Museum auf der Willibaldsburg, aber damit steigt die Sensationsdichte nur an. Nirgendwo auf der Welt sonst kann man zwei Original-Fossilien des Archaeopteryx nebeneinander sehen, hier gibt es sogar drei! Und nicht nur das, von der Qualle bis zum Jurasprottenschwarm, vom 2 m -Raubfisch bis zur Limulus-Spur mit ihrem Verursacher am Ende. Hier gibt es unglaublich viele, interessante Fossilien zu sehen. Bemerkenswert ist auch die Ausstellung im Obergeschoss, die sich mit der Verwendung des Juragesteins für die Lithographie, einer speziellen Druckform befasst. Hier ist auch ein traditioneller Steinschneider-Arbeitsplatz nachgebaut – mit Originalstaub.Und: das Bürgermeister-Müller-Museum ist eines der ganz wenigen Museen in Deutschland, die auch Montags geöffnet haben…
Schamhaupten

Auf dem Weg zum nächsten geplanten Fundort habe ich noch einen kurzen Abstecher nach Schamhaupten gemacht. Der Bruch hier unterscheidet sich deutlich in der Organisation von den beiden anderen Brüchen. Er ist eingezäunt, aber das wars auch schon. Das Tor steht offen, niemand ist da, der das Ganze überwacht, Hammer und Meißel verleiht oder Eintritt nimmt. Die Fundstelle schneidet tiefer in den Berg ein, die Wände sind steil und bröckelig. Ein Ende des Steinbruches ist extra abgesperrt, hier finden Profigrabungen statt. Das sieht man: die Sohle ist blitzblank geputzt, die Wände sehr systematisch abgebaut. Zu sehen war trotzdem niemand.
Leider war der Rest der Grube nicht in diesem guten Zustand. Überall lag Abraum in einer dicken Schicht herum, ziemlich fein zerklopft und offenbar mehrfach durchsucht. Hier einen Claim für eine Suche im Anstehenden freizuräumen würde eine gute Stunde dauern. Dem entsprechend war es mit den Funden: nada.
… und dann hau‘ ich mit dem Hämmerchen…
Eine Beobachtung am Rande: Kurz nachdem ich gekommen war, kamen zwei Omas mit Kindern von etwa 4 Jahren. Sie hatten Hämmer dabei, oder eher Hämmerchen: je ein 50 g Bastelhammer aus dem Nagelspiel. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: nach ner Viertelstunde waren beide Kinder frustriert und fingen an, mit Steinen zu schmeissen. Zeit für die Omas, sie zum Picknick zu rufen. Fazit: die Omas glauben „das ist nichts für unsere“, die Kinder haben sich gelangweilt, das Hobby ist bereits gestorben, bevor sie sich einmal ernsthaft damit befasst haben, aber die Omas haben Grund für ein Picknick und sind zufrieden.
Was aus dieser Beobachtung wird…